Wie haben Sie die Grenke AG aufgebaut, Wolfgang Grenke?

In diesem Video habe ich mit Wolfgang Grenke, dem Hauptaktionär bei der Grenke AG, über die Entwicklung seines Unternehmens und Unternehmertum gesprochen. Das Interview wurde 2020 geführt und wird hier in English und Deutsch zur Verfügung gestellt.

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Die Themen dabei waren:

Das Interview mit Wolfgang Grenke

[00:00:00] Tilman Versch: Herzlich willkommen, liebe Zuschauer, bei unserem Livestream, Punkt 20 Uhr. Ich darf recht herzlich Wolfgang Grenke von der Grenke AG begrüßen. Hallo Herr Grenke, freut mich sehr, dass Sie da sind.

[00:00:10] Wolfgang Grenke: Hallo.

Das Jahr 2020 für Wolfgang Grenke

[00:00:11] Tilman Versch: Schön, dass ich Sie gewinnen konnte für diesen Livestream. Liebe Zuschauer, ihr kennt das ja schon, dass ich am Anfang in das Thema einblenden muss. Bevor ich das mache, will ich aber eine Frage an Herrn Grenke stellen, mit dem aktuellen Bezug, wir wollen in dem Video aber auch ein bisschen zurückgehen auf sozusagen die Gründungsgeschichte der Grenke AG und auch auf die Entwicklung über Jahre eingehen. Aber ich fand diese Frage zum Einstieg ganz gut: Was hatte Sie denn, Herr Grenke, mehr Nerven gekostet dieses Jahr? Der Abstiegskampf des KSC oder der Aktienkursverfall am Anfang des Jahres?

Sie können sich kurz eine Antwort überlegen, ich blende einmal schnell den Disclaimer ein, damit auch alle Zuschauer hier auf dem aktuellsten Stand sind. Das ist schon das richtige Bild, aber noch nicht der Disclaimer. Das ist der Disclaimer, den findet ihr unter dem Video. Er sagt euch: Macht bitte euer eigenes Research, das, was wir hier machen, ist ein gutes qualifiziertes Gespräch, aber ihr müsst selbst natürlich schauen, wie ihr “anstartet” an der Börse und wie ihr anlegt. Das ist keine Beratung und auch keine Empfehlung. So jetzt gehen wir zurück in unser Gespräch. Was ist Ihre Antwort auf die Frage? KSC-Abstiegskampf oder der Aktienkursverfall im März?

[00:01:32] Wolfgang Grenke: Also beides hat mir keine grauen Haare gemacht, die habe ich schon vorher gehabt. Also insofern ist es auch so: Sport ist Sport, und dass es am Ende da ganz knapp geworden war beim KSC, kann man an der Tabelle sehen, wirklich das Torverhältnis war da entscheidend, und das ist natürlich spannend, aber das gehört zum Sport eben dazu und damit muss man leben. Und was die Börse angeht, nun ja, im Vergleich sind wir natürlich etwas mehr abgestraft worden als andere, das ist aber auch ganz logisch, denn wir sind ja europaweit aufgestellt, das heißt, wir sind auch sehr stark in den Ländern Italien, Spanien, Frankreich, und dort sind die Auswirkungen ja ganz offensichtlich größer. Also insofern erklärt sich das relativ einfach und logisch, aber beides macht mir eigentlich nicht besonders viel Kummer. Im einen Fall, weil sich der KSC trotz dieser Krise durchaus gut entwickelt hat, und auf der anderen Seite, weil wir glauben, dass unser Business-Modell eigentlich stabil genug ist, um über viele Jahre stabil zu sein und bestehen zu können.

[00:02:46] Tilman Versch: Ich darf auch noch herzlich unsere Zuschauer begrüßen und sie gerne einladen über den Chat, Fragen zu stellen, die ich gerne im Laufe des Interviews einbinde. Ich würde gerne aber noch einen Moment auf dem Spielfeld bleiben, vielleicht auch einmal vom Fußball weggehen auf Ihre zweite Leidenschaft, das Thema Schach. Was kann man denn als Unternehmer oder vielleicht auch Investor vom Schachspiel lernen und für sich mitnehmen?

[00:03:10] Wolfgang Grenke: Also das, was landläufig so gemeint wird, strategisches Denken und besonders klug vielleicht oder intelligent das Spiel zu machen, da habe ich so meine Zweifel. Aber was man wirklich lernt, dass es Entscheidungen unter Druck, unter äußerem Druck, unter zeitlichem Druck zu treffen. Das wird trainiert und da entwickelt man natürlich dann auch seine Fähigkeiten dazu, ich bin normalerweise also wenig aufgeregt.

Was macht die Grenke AG?

[00:03:44] Tilman Versch: Das ist auch sehr gut. Es gibt auch schon liebe Grüße an Sie von Florian König und den anderen im Chat, da gibt es sicherlich auch ganz gute Fragen gleich. Ich würde gerne noch einmal, damit auch die Zuschauer, die die Grenke AG noch nicht so gut kennen, die Basics mit Ihnen ein bisschen durchgehen. Also was macht die Grenke AG und warum macht sie das erfolgreicher als andere Unternehmen? Das hat ja in den Zahlen Ausdruck finden können, dass Sie so stark gewachsen sind über die letzten Jahre.

[00:04:11] Wolfgang Grenke: Also wir haben uns historisch immer sehr stark mit den sogenannten KMUs beschäftigt als Kunden, also den kleinen und mittleren Unternehmen, eigentlich eher die kleinen Unternehmen, das hat sich einfach historisch so entwickelt, aber ist dann nach und nach auch zum großen Vorteil geworden, weil wir unsere Finanzierung, die wir über Leasing, über Factoring, auch über Banking in Deutschland anbieten, vor allem auf die kleinen Unternehmen ausrichten. Das hat verschiedene Gründe, ein Grund dafür ist natürlich, dass das Risiko sich streut, weil man eine Vielzahl von Fällen hat, und das Zweite ist, wenn man sich auf so etwas konzentriert hat, dann entwickelt man dafür auch besondere Stärken, das heißt, man weiß mehr, man kann mehr, man kann sich stärker auf seine Kunden konzentrieren, und das hat uns sicher geholfen.

Wer sind die Kunden?

[00:05:07] Tilman Versch: Wer ist denn so ein typischer Kunde oder die typischen Kundengruppen für Sie, wer sind das?

[00:05:13] Wolfgang Grenke: Also bei den Leasing-Gegenständen – ich bleibe mal beim Leasing-Geschäft, weil das ja nach wie vor zu rund 90 % unser Geschäft ausmacht, mittlerweile ist das Banking allerdings stark am Wachsen, gerade in dieser Phase, aber da komme ich vielleicht später noch einmal dazu – beim Leasing-Geschäft ist es ja so, dass es auf den Gegenstand ankommt, der geleast werden soll. Wir machen zum Beispiel keine Immobilien, die sind uns einfach vom Ticket her zu groß im Einzelfall mit dem Risiko, das damit verbunden ist, auch zu aufwendig von der Administration.

Wir machen zwar ab und zu auch mal ein Auto, aber nur dann, wenn wir eigentlich einen Rahmenvertrag mit einem Kunden haben, ansonsten ist es auch nicht unsere Kategorie. Wir sind schwerpunktmäßig im Bereich der Büros unterwegs, also alles, was mit IT, mit Technik im Büro zu tun hat, dann aber auch Medizintechnik, und das sind alles Bereiche, bei denen – also gerade die IT-Technik, die eigentlich für alle Unternehmen infrage kommt, deswegen muss man sich nicht gezielt ein ganz bestimmtes kleines Element heraussuchen, sondern man hat doch eine recht breite Kundschaft, der man seine Dienstleistung erbringen kann.

Wer ist die Konkurrenz?

[00:06:27] Tilman Versch: Wer sind denn Ihre Konkurrenten in diesem Feld des Leasings?

[00:06:31] Wolfgang Grenke: Naja gut, der Hintergrund ist, dass der größte Teil der Verträge über das sogenannte Vertriebs-Leasing erfolgt, Sie kennen das vielleicht auch, beim Automobil wird in der Regel der Vertrag beim Fachhändler abgeschlossen, also im Vertriebsbereich, das ist der Fachhändler, und ähnlich ist es auch bei uns so, denn für einen einzelnen Vertrag von vier-, fünf-, sechs-, siebentausend Euro lohnt es sich natürlich nicht, zum Kunden zu fahren, da muss man also sozusagen einen Mittler haben, und das sind naturgemäß die Fachhändler, die dann, wenn sie ihren Kunden ein Angebot machen, sagen, “Sie können auch leasen, dafür bieten wir Ihnen das Angebot unseres Partners, der Grenke AG, an.” Von daher ist also auch die Breite entsprechend groß von den Unternehmen, die bei uns leasen. Deswegen haben wir also auch da eine statistisch stabile Situation.

Die Gründungsgeschichte

[00:07:30] Tilman Versch: Ich will Ihre Geschichte des Unternehmens versuchen, mal in zwei Phasen so ein bisschen zu unterteilen: Bis zum Börsengang und die Geschichte nach dem Börsengang. 1978 ging es los. Sie waren damals noch Student, die Haare waren damals noch schwarz, das hat man auch auf anderen Fotos gesehen, die ich geguckt habe.

[00:07:51] Wolfgang Grenke: Ja, sagen wir einmal dunkelbraun.

[00:07:52] Tilman Versch: Dunkelbraun, okay, das war, glaube ich, ein Schwarz-Weiß-Foto, da hätte ich noch einmal genau nachgucken müssen. Wie fing es denn damals an?

[00:08:02] Wolfgang Grenke: Ja, ich wollte eigentlich nur mein Studium finanzieren, und ich konnte meinem Vater schlecht auf der Tasche liegen, habe also gejobbt während des Studiums, Taxi gefahren, LKW gefahren. Das hat natürlich auch das Studium verlängert, ist ja logisch, das ging damals ja noch, das konnte man so noch machen, aber mein späterer Schwager hat eine Leasing-Gesellschaft gegründet und hat dann gefragt, ob ich nicht bei ihm statt als Taxifahrer doch jobben will, denn ich habe ja Wirtschaftsingenieurwesen studiert, und da ist natürlich wirtschaftliche Praxis durchaus ein Thema, was man gebrauchen kann.

Gesagt, getan, aber nach relativ kurzer Zeit – ich habe mich da noch auf kleinere Unternehmen konzentriert – sagt er: “Naja, das ist zu viel Verwaltungsaufwand, das wollen wir eigentlich so nicht haben. Also unter 50.000 D-Mark wollte er keine Verträge abschließen aus Verwaltungskostengründen und ich konnte programmieren, habe mir gedacht: “Naja gut, wenn du das umsetzt in Programme, dann ist der Verwaltungsaufwand relativ gering”, was dann auch tatsächlich so war, habe mit der örtlichen Sparkasse gesprochen, habe noch eine Kreditversicherung abgeschlossen, die hat mich zwar die Hälfte von meinem Vertrag gekostet, aber damit natürlich die Refinanzierung gesichert. Ja und so habe ich gestartet im ersten Jahr dann mit ein paar hunderttausend Euro Umsatz, dann ging es fast an die Million, dann 1,5 Million und dann ging es weiter.

[00:09:29] Tilman Versch: Das Thema war ja damals, was sie auch verleast haben, waren Telefonanlagen, Kopierer und Computer. Das war ja dann zu der Phase noch ein “wilder Wachstumsmarkt”.

[00:09:39] Wolfgang Grenke: Beim Kopierer war es eben so, dass das Patent von (unv.) ausgelaufen war und deswegen die japanischen Firmen auf den Markt kamen, und die hatten natürlich kein Mietmodell wie (unv.), mussten gegen die aber Wettbewerb machen und die Händler sollten natürlich irgendetwas realisieren. Und das war natürlich dann mit Leasing durchaus möglich, so etwas zu realisieren. Also da war natürlich der Markt da. PCs gab es noch nicht, es gab zwar Mini-Computer, aber eben keine PCs, die kamen erst im Laufe der 80er Jahre.

[00:10:14] Tilman Versch: Wie hat sich da Ihr Geschäft in den 80ern und 90ern auch entwickelt?

[00:10:19] Wolfgang Grenke: Es ging eigentlich so gleichmäßig aufwärts. Wir haben von Baden-Baden aus durchaus ein paar Schwerpunkte gehabt, ich habe also relativ im Gebiet von Köln, Düsseldorf relativ viele Kunden gehabt, aber auch in Augsburg, in München, Stuttgart, und natürlich bei uns im Badischen, das ist klar, wo man relativ bald zu Hause – also wo man zu Hause arbeiten konnte, wo man zu den Kunden hinfahren konnte. Aber dann war die große Entwicklung eigentlich Ende der 80er Jahre, genauer gesagt die Wiedervereinigung, denn da haben wir uns entschlossen, dann die erste Niederlassung zu gründen in Berlin, in Ost-Berlin, denn damals gab es Investitionszulage und die konnten wir zur Absicherung – es waren ja schließlich alles Start-ups, denn die vorhandenen Firmen konnte man ja nicht als echt Firmen bezeichnen, die volkseigenen Betriebe waren dann also Start-ups, und die mussten natürlich irgendwie abgesichert werden.

Und mit dieser Investitionszulage war das möglich, dazu haben die Händler oft noch eine Rücknahmevereinbarung über einen bestimmten Prozentsatz, so im Mittelwert vielleicht 50 % übernommen, und damit war die Investition abgesichert und wir konnten dann also starten. Und das wird gleich einmal viel Erfolg, ich habe da meinen besten Mann hingeschickt aus Baden-Baden, der hat das gemacht, hat zehn Monate lang die Leute trainiert und danach gesagt: “Naja, jetzt können die das, was machen wir denn jetzt?” Dann habe ich gesagt: “Das weiß ich auch nicht, dein Platz in Baden-Baden ist ja besetzt.” Dann habe ich gesagt: “Wie wäre es mit einer Niederlassung in Düsseldorf?” Und dann hat er gesagt: “Gut, probieren wir das, machen wir das.” Und dann hat es genauso gut funktioniert und danach kamen dann die anderen Städte in Deutschland dazu, in Hamburg, München, die damals aktiven sind heute noch bei uns, muss man auch dazusagen.

[00:12:12] Tilman Versch: Das ist gut, wenn man das gute Personal so lange halten kann, hervorragend. Damit ich es noch einmal verstehe, was war dann so der Punkt, der dann auch dem Geschäft noch einmal einen extra Schub gegeben hatte?

[00:12:26] Wolfgang Grenke: Also ein ganz wichtiger Punkt war, dass wir uns von vornherein natürlich, das lag ja auch dem, was ich gelernt hatte an der Uni, auf die schnelle Abwicklung der Verträge konzentriert haben. Wir haben einen Grundsatz gehabt, wir zahlen am gleichen Tag, an dem alle formellen Dinge erledigt sind, da gab es keine Verzögerung. Und natürlich haben wir Anfang der 90er Jahre dann versucht, auch statistische Modelle zu entwickelt, das heißt, wir haben sie entwickelt, mit denen wir dann also tatsächlich eine bessere Beurteilung der Kunden auch in einer kurzen Zeitspanne vornehmen konnte, also Scoring-Modelle. Dazu kam noch, dass auch die Großen auf uns aufmerksam geworden sind, und wir haben mit Hewlett Peckart damals einen Partner gehabt, der genau dieses Produkt eigentlich brauchte. Sie hatten ja ihren eigenen Financial Service, aber für das Kleingeschäft und für ihr Händlergeschäft, den Vertrieb über Händler, da hatten sie keine Lösung und das konnten wir bereitstellen.

Der Wandel zur AG

[00:13:26] Tilman Versch: Das ist spannend. 1997 haben Sie sich dann entschieden, sich zu AG umzuformieren. Wie lief dieser Prozess erst einmal ab? Und 2000 war ja der Börsengang, war der dann auch schon die Perspektive, auf die man hingesteuert hatte?

[00:13:39] Tilman Versch: Nein, das war eigentlich so, dass wir 1995 eine relativ kritische Situation hatten. Wir hatten mittlerweile in der Refinanzierung feste Partner, es waren zwei Banken. Die eine Bank ist in eine Schieflage geraten und die andere ist in Konkurs gegangen, das war eine spezialisierte Bank in Hamburg, auch eine Leasing-Refinanzierung-spezialisierte, die hat sich da organisatorisch übernommen, und dann standen wir ohne Finanzierung eigentlich da, Hewlett Peckart hat da also, da wir ja für die ein Problem gelöst haben, wir mussten halt etwas reduzieren unser Geschäft, aber wir haben dann mit Hewlett Peckart zusammen das umsetzen können.

Aber wir hatten natürlich daraus gelernt, naja, bitte keine Klumpen, keine Abhängigkeiten von einzelnen Partnern. Und deswegen haben wir dann auch gesagt, wir müssen die Struktur verändern, haben dann entsprechend eine Aktiengesellschaft gegründet, es war eigentlich noch gar nicht mit der Idee, direkt an die Börse zu gehen, nur wenige Tage später nach der Eintragung bekam ich dann einen Anruf von dem örtlichen Leiter der Deutschen Bank, der mich genau das gefragt hat, was Sie mich auch gefragt haben, ob ich denn die Idee hätte, an die Börse zu gehen. Und das war ja die Zeit, als der neue Markt gerade am Entstehen war oder gerade entstanden war, und dann habe ich gesagt: “Naja, das geht ohne Weiteres nicht, denn wenn wir abhängig sind in der Refinanzierung von anderen Partnern, beispielsweise Banken, dann wird es also schwierig, das also am Kapitalmarkt, an der Börse durchzusetzen.

Aber ich habe eine Idee: Wenn es gelingt, Kapitalmarkt-Refinanzierung sicherzustellen, beispielsweise über Asset-Backed-Securities-Programme, dann könnte ich mir vorstellen, dass wir an die Börse gehen können”, denn ich hatte zu dem Zeitpunkt schon das Auge, wir hatten auch schon eine erste Niederlassung gegründet in Wien, wir haben schon über die Grenze hinweg ins Elsass Geschäfte gemacht und ich hatte natürlich schon die Idee, dass man dann entsprechend expandieren kann.

Die europäische Expansion

[00:15:39] Tilman Versch: Wie war denn der Gang ins Ausland, der sich schon damals angedeutet hatte? War das eine besondere Herausforderung, auch im europäischen Wirtschaftsraum zu expandieren?

[00:15:50] Wolfgang Grenke: Also innerhalb der EU ist das ja sicher das Einfache, deswegen sind wir auch erst nach Österreich gegangen, weil da sowohl Sprache als auch EU-Land da war. Frankreich wegen der Nähe war dann auch kein Problem natürlich, aber mit unserem Verantwortlichen, der das übernommen hatte, ein Elsässer, der heute Mitglied der Vorstandes der Grenke AG ist, der hat das für Frankreich gemacht, und die Schweiz kam dann auch relativ bald dazu als Nicht-EU-Land, aber eben auch ohne sprachliche Hürden. Man muss ja sehen, man kann natürlich sich in Englisch auch unterhalten, aber ein Fachgespräch in der Sprache zu führen, ist ja dann doch etwas schwieriger, wenn man vorher keine entsprechende Vorbildung hat. Und deswegen sind wir da schon weiter vorgegangen, aber dann ging das ganz gut.

Die Kultur bei Grenke

[00:16:42] Tilman Versch: Was ich so ein bisschen rausgehört hatte und was ich auch so sozusagen, wie ich Sie persönlich kennengelernt hatte, ganz spannend fand, es ist auch eine sehr zugängige, angenehme Kultur, die Sie sozusagen auch ausstrahlen und ein guter Gesprächspartner sind, und das gibt ja auch eine gewisse Loyalität der Mitarbeiter zu Ihnen. Wie haben Sie es dann geschafft, die Leute auch – Was sind so die Faktoren, die dazu geführt haben, dass die Leute so lange beim Unternehmen geblieben sind?

[00:17:12] Wolfgang Grenke: Also wir versuchen natürlich sehr stark, flache Hierarchien zu organisieren, das war die ganze Zeit so, man muss eigene Verantwortung übernehmen, das muss sich auch in irgendeiner Anerkennung wiederspiegeln, dort, wo es möglich ist. Wir haben also relativ früh mit einer Balanced Scorecard und damit verknüpfter Volkszulage Erfolgszulage gearbeitet, aber eben Balanced Scorecard, um also die strategischen und die langfristigen Ziele entsprechend durchzusetzen. Und wir haben dann, das geht schon über den Börsengang hinaus, die weitere Expansion dann natürlich auch mit neuen Methoden betrieben, was dann später zum entsprechenden Wachstum geführt hat.

Der Börsengang

[00:17:58] Tilman Versch: Lassen Sie uns vielleicht noch den Schritt gehen, um auf den Börsengang 2000 zu gucken. Was war dann der Auslöser? Das war sicherlich das Gespräch mit dem Vertreter von der Deutschen Bank, aber da gab es sicherlich noch andere Gründe dafür.

[00:18:12] Wolfgang Grenke: Ja, mittlerweile waren wir in Frankreich, (unv.), aktiv geworden, haben gemerkt, das funktioniert richtig gut. Wir mussten natürlich auch sehen, dass wir für eine Kapitalmarktfinanzierung – und wir hatten ja angestrebt, nicht nur einfach bei den Asset-Backed-Programmen zu belassen, sondern das eben weiterzuentwickeln, zum Beispiel dann auch ein eigenes Rating zu bekommen und selbst Anleihen begeben zu können, und dazu braucht man natürlich Eigenkapital.

Das konnten wir ja bis dahin noch ganz gut aus unserem Gewinn erzielen, aber wenn man schnell wachsen will, dann reichen die natürlich noch nicht aus. Beim Leasing ist es ja so, den Großteil des Aufwandes haben Sie am Anfang, bei der Installation des Vertrages, die Vertriebskosten, aber auch das Setup des Vertrages, und die Erträge kommen dann erst über die Laufzeit, die im Durchschnitt vier Jahre lang ist. Das heißt, Sie haben immer einen Kostenvorlauf, und den müssen Sie natürlich immer finanzieren können und es gleichzeitig nach außen sichtbar nicht als Cash Burning, sondern eben durchaus als Ertrag, der sich auch einer Bilanz zeigt, aber immer zeitversetzt ist.

Die ersten Jahre im und nach dem Neuen Markt

[00:19:30] Tilman Versch: Spannend. Ich würde gerne noch den Zuschauern noch einmal gerne die Bitte mitteilen, wenn ihr Fragen habt, dann stellt die in den Chat. Es gibt schon eine, die greife ich im weiteren Gespräch auch auf, und wenn euch das Video gefällt, lasst gerne einen Like da, das würde mich auch sehr freuen. Was hat sich denn für Sie geändert mit dem Börsengang und wie lief der – noch einmal davor – ab für Sie, 2000, neue Marktphase, das war ja auch eher eine wildere Phase an der Börse?

[00:19:59] Wolfgang Grenke: Ja, das war eine ganz spannende Geschichte, es gibt auch einen Film darüber, dass hier bei uns in der Nachbarschaft ein Horizontal-Bohrmaschinen-Jammer, FlowTex, einen großen Leasing-Betrug sozusagen begangen hat, und das war gerade zu dem Zeitpunkt, als wir unseren Börsengang dann vorbereitet haben. Das gab natürlich dann etwas Aufregung, wenngleich aus meiner Sicht es eigentlich auch einen logischen Hintergrund dafür gibt, warum bei den einen so etwas passieren kann und bei anderen eher nicht, aber da kommen wir vielleicht noch dazu.

Die andere Frage, was aufregend in der Zeit war, also man musste plötzlich seine Firma in Englisch präsentieren können. Ich habe zwar mein Schul-Englisch gehabt, ich habe auch mal ein bisschen Pilot English gelernt, aber dann hat sich es auch gehabt, das heißt, ich war nicht täglich im Sprechen dabei, und es hat sich natürlich dann mit dem Börsengang radikal geändert. Die meisten Gespräche, jedenfalls im Ausland, sind dann natürlich in Englisch geführt worden. Das war der Äußere, was aber auch ganz was Besonderes war, ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass wir mit dem Börsengang, weil wir ja transparenter werden, etwas einen Rückgang unserer Marge haben werden bei den Geschäften, weil ja der Wettbewerb besser sieht, wie wir arbeiten, was wir erreichen, aber offensichtlich war das Geschäft doch bei uns so widerstandsfähig, dass sich der Wettbewerb sehr zurückgehalten hat, jedenfalls nicht besonders intensiv war.

In einigen Bereich durchaus schon, bei den Kopier-Geräten, von denen wir es vorhin hatten, da gibt es durchaus nennenswerten Wettbewerb, aber in vielen anderen Bereichen eher weniger, und deswegen war die Marge nicht unter Druck geraten, aber durch die Publizität, die man durch den Börsengang hatte, sind viel mehr Firmen auf uns aufmerksam geworden, viel mehr Fachhändler, und dadurch ist das Geschäft dann relativ stark auch in Deutschland, wo wir ja schon längere Zeit aktiv waren, angestiegen. Also es war durchweg ein sehr positives Ergebnis, auch wenn wir an einen neuen Markt gegangen sind, der neue Markt ja kurz danach sozusagen zusammengebrochen ist.

[00:22:19] Tilman Versch: Hat es sich denn auch auf den Aktienkurs ausgewirkt?

[00:22:25] Wolfgang Grenke: Ja gut, generell sind ja in dieser Zeit die Kurse zurückgegangen, auch bei uns war es so, wir sind mit damals 19 Euro an den Markt gekommen und der Kurs ging zurück bis auf 8,60 Euro, glaube ich, bevor er dann wieder entsprechend anstieg, nachdem er am Anfang schon einmal weiter nach oben gezogen war.

Der Erwerb der Bank

[00:22:43] Tilman Versch: Ich würde mir jetzt einmal erlauben, den Chart, den man schon vorhin gesehen hat, noch einmal einzublenden, damit man die langfristige Perspektive auch ein bisschen mitzählen kann. Das ist leider nicht bis ganz zurück zum Börsengang, das ist das Jahr 2005, wie sich das Unternehmen entwickelt hatte und auch, weswegen ich auch sehr froh bin, dass ich Sie als Gesprächspartner habe, man sieht, dass es ja schon sozusagen für die Aktionäre ein gutes Investment war, die Firma Grenke, dort reinzuinvestieren. Was man auch gesehen hat, es gab 2008 ja eine gewisse Herausforderung, die aber auch langfristig für Sie eine große Chance war, denn Sie konnten zu diesem Zeitpunkt 2009 ja auch eine Bank erwerben. Wie ist es dazu gekommen und was hat es Ihnen ermöglicht für operatives Geschäft?

[00:23:43] Wolfgang Grenke: Also im Herbst 2008 war sowohl der Rentenmarkt, der Bondmarkt, nicht mehr funktionsfähig als eben auch der ABS-Markt, und das waren die beiden Bereiche, 2003 hatten wir unser Rating bekommen, das war der Bereich, bei dem wir also keine Refinanzierungsmittel bekamen. Wir hatten zwar einige Rahmen, wir haben vorsichtshalber dann gesagt, wir reduzieren unser Neugeschäft um 20 %, und haben aber auf der anderen Seite natürlich gesehen, dass kleine Banken, die entweder dem Einlagensicherungsfond oder aufgrund ihrer Funktion als Sparkassen und Volksbanken durchaus Zuflüsse hatten von Privatkunden als Einlagen.

Die waren also auf den Kapitalmarkt nicht angewiesen. Das hat im Übrigen ja nicht nur uns betroffen, sondern es hat auch Financial Service von Siemens sich entsprechend aus dem Markt zum Teil zurückgezogen, GE Capital als amerikanische Firma in gleicher Weise, also alle die, die am Kapitalmarkt sich refinanziert hatten, hatten natürlich von einem Tag auf den anderen Bedarf, sich zu refinanzieren. Und wir hatten dann gesehen, dass diese Bank eine Vollbanklizenz hatte, wir waren schon natürlich mittlerweile in mehreren Ländern Europas unterwegs, wir hatten sozusagen dann auch einen sogenannten Europapass oder EU-Pass für das Banking, und wir haben das also aufgebaut, die Bank erworben und auch weiter ausgebaut, um eben Krisensituationen in so einen Situation zu meistern. Und vielleicht das als Vorgriff, genau in diesem Jahr haben wir das natürlich auch sehr gut nutzen können.

Die europäische Expansion

[00:25:31] Tilman Versch: Das ist gut. Also ich hatte auch mit Ihnen im Kontext, als ich von Grenke mit eins der ersten Male gehört hatte, auch das Beispiel gehört, dass es ja immer eine Herausforderung ist, in Europa zu expandieren, was ja immer ein Teilschritt des Ganzen war. Ich glaube, Sie sind aktuell in 26 europäischen Ländern vertreten. Wie haben sich denn diese Expansionsschritte immer dargestellt, wenn man neue Märkte in Europa erschließt und was sind so da die Herausforderungen beim europäischen Binnenmarkt?

[00:25:56] Wolfgang Grenke: Ja, wir haben natürlich am Anfang erst einmal mit Niederlassungen angefangen, aber wir haben gemerkt, da fehlt etwas an Dynamik. Vor allem, wenn man mit seinen eigenen Leuten anfängt, ist es schwierig, in einen solchen Markt hineinzugehen, da sind manchmal doch zwar nicht große Unterschiede bei den KMUs, aber es sind durchaus rechtliche Unterschiede. Ich will nur ein Beispiel sagen: Ein typischer Leasing-Vertrag aus Deutschland war in der damaligen Zeit noch völlig frei von Anforderungen hinsichtlich Bankaufsicht, das war erst dann, als wir die Bank gekauft hatten, bei uns der Fall, weil wir dann eine gesamte Institutsgruppe waren, aber in manchen europäischen Nachbarstaaten, Frankreich, Italien, Spanien, da ist es so – auch Norwegen – dass das Leasing-Geschäft dann eine Banklizenz benötigt, zumindest eine eingeschränkte Banklizenz. Und das heißt, die Expansion ist dann natürlich erst einmal von der Seite her schwieriger.

Es war aber vor allem auch eine Vertriebsfrage: Wie bringt man diese Idee in kürzerer Zeit, also so wie es mir selbst gelungen war in den 80er, 90er Jahren, wie bringt man diese Idee an die Fachhändler und an die Endkunden? Und deswegen haben wir uns dazu entschlossen, ein angepasstes Franchise-Modell zu realisieren. Das heißt, wir haben jemanden, der meistens aus unserer eigenen Mannschaft kam, die Möglichkeit gegeben in so ein Land zu gehen, die Firma aufzubauen, und haben dann die Refinanzierung sichergestellt, die Bonitätsprüfung natürlich vorgenommen, und haben dann aber die Möglichkeit gehabt, dieses Unternehmen zu erwerben, diese Franchise-Unternehmen.

Das haben wir in den meisten Fällen auch gemacht, wobei dann sich die dynamische Entwicklung durchaus weiter fortgesetzt hat, da solche Unternehmen ja schon aufgebaut sind in Richtung auf eine Expansion, weil der Preis, zu dem wir übernommen haben, natürlich von dem Geschäft abhängig war, das dann generiert wurde in dem Jahr, bevor die Übernahme stattgefunden hat. Und aus dem Grunde haben wir uns in vielen Ländern dann relativ stark uns entwickelt. Mittlerweile sind wir ja nur noch irgendetwas zwischen 20 und 25 % im deutschen Markt, in diesem Jahr vielleicht etwas mehr, weil bei uns der Corona-Einfluss nicht ganz so groß war wie in anderen Ländern.

Aber trotzdem ist es nicht mehr so, dass wir eine rein deutsche Veranstaltung sind, sondern längst international, natürlich gibt es aber trotzdem Unterschiede, also man muss sehen, dass – und das muss man eben dann anpassen – schrittweise da den Bedingungen auch nähren. Das Grundkonzept aber ist halt so, dass es überall eigentlich funktioniert, und sogar dort, wo es vordergründig schwieriger sein könnte, also in solchen Ländern wie Italien, Spanien, Südeuropa, aber auch in Osteuropa manchmal noch besser funktioniert als bei uns, weil der Wettbewerb doch natürlich, und zwar nicht der Wettbewerb durch Leasing-Gesellschaften, der ohnehin nicht, aber auch der Wettbewerb durch Banken viel geringer ist, weil die entsprechenden Kreditinstitute oft gar nicht so aufgestellt sind, auch organisatorisch und auch vom Mindset den Kunden gegenüber, als dass da richtiger Wettbewerb wäre.

[00:29:26] Tilman Versch: Das ist definitiv ein spannender Punkt. Es gibt auch ein Gespräch mit Rob Vinall mit dem Chef der PSG Group, wo er auf das Beispiel Südafrika etwas Ähnliches sagt. Zum Beispiel in London hat man zehn Konkurrenten mit einer guten Idee, aber in Südafrika hat man vielleicht einen oder zwei und kann deswegen auch höhere Margen erzielen.

[00:29:45] Wolfgang Grenke: Man muss allerdings aufpassen, also das mit den höheren Margen, das muss schon auch logisch gerechtfertigt sein, das hilft also in keiner Weise, sozusagen die Zitrone ausquetschen zu wollen, da wird man sich die Zukunftschancen vergeben. Wenn der Kunde das Gefühl hat, dass er übervorteilt worden ist, dann hat man ihn verloren. Also da muss man mit sehr viel Sensibilität herangehen.

Die Verbesserung der Zahlen seit 2009

[00:30:10] Tilman Versch: Definitiv. Wenn man sich die historischen Zahlen anguckt, dann hat man ja mit 2009 das letzte Jahr mit einem einstelligen Umsatzwachstum oder Net-Income-Wachstum, Entschuldigung, und danach ist es alles zweistellig gewachsen. Wo lag denn der Grund dafür, dass das Unternehmen so stark gewachsen ist, nach 2009?

[00:30:33] Wolfgang Grenke: Also sicher an diesem Bereich des Neugeschäfts, der Nachholeffekt nach dem freiwilligen Rückgang in 2009 war dann entsprechend, die Banken haben weiter zurückgeschaltet nach der Finanzmarktkrise, gerade in Südeuropa war das deutlich zu spüren, das heißt, wir konnten entsprechend schneller wachsen. Letztlich waren es Skaleneffekte, mit denen wir natürlich dann uns entwickeln konnten. Und wie ich vorhin schon sagte, der eigentliche Gewinn kommt ja immer erst hinterher, deswegen legen viele Analysten auch auf unsere Neugeschäftszahlen so viel wert, denn das ist ja sozusagen der Gewinn der nächsten vier Jahre, der damit generiert wird.

Die Visibilität des Geschäftsmodells

[00:31:18] Tilman Versch: Also Ihr Geschäftsmodell ist dann in einer guten Form sehr visibel, wenn man das auf diesen Aspekt herunterbrechen kann, auf Basis der Neugeschäftszahlen?

[00:31:28] Wolfgang Grenke: Ja, es gibt natürlich dann trotzdem – also ein Punkt ist natürlich: Wie stark wollen wir mit weiteren Methoden wachsen? Das kostet ja auch Geld. Und die andere Frage ist natürlich: Wie stark investieren wir in weitere Technologien, beispielsweise haben wir jetzt seit einigen Jahren schon rein elektronische Verträge, das geht natürlich nicht ohne Aufwand, sowohl was die Organisation angeht, aber eben auch die Programmierung, die Bereitstellung, alle Sicherheitsmaßnahmen, die damit verbunden sind. Also investiert werden muss dann eben auch, und das schmälert natürlich in dem Moment auch den Gewinn, denn viele Punkte, die ich jetzt angesprochen habe, sind ja nicht abschreibbar, das heißt, in dem Moment, in dem wir den Aufwand haben, obwohl sie erst später die Erträge haben, sind sie erst einmal Aufwände in dem Jahr, das gibt dann immer erst den Nachholeffekt später.

Die Herausforderungen des Wachstums

[00:32:23] Tilman Versch: Das Thema unseres Gespräches ist ja auch Unternehmertum, und das ist ja auch spannend zu sehen, also eine der schönsten Sachen im Unternehmertum ist ja auch, wachsen zu können, vielfach, und gleichzeitig geht das bei Ihnen einher mit dem Wunsch, so habe ich das verstanden, immer noch schneller Entscheidungen zu treffen und sehr schnell agieren zu können. Wie haben Sie das geschafft, das beides in der Balance zu halten? Das Wachstum, was ja auch eine gewisse Herausforderung für die Strukturen ist, wo auch angepasst werden muss, und die schnelle Entscheidungsfähigkeit.

[00:32:56] Wolfgang Grenke: Also ein wichtiger Punkt ist, dass alle Daten bei Grenke, egal, wo die auf der Welt entstehen, mittlerweile sind wir ja auch Down Under in Australien, in Sydney, in Melbourne, dass alle Daten zentral in Baden-Baden, natürlich dann gespiegelt, dem Rechenzentrum vorliegen, das heißt, nicht verteilte Daten. Wir sind sehr zurückhaltend bei Akquisitionen außerhalb unseres wie schon angesprochenen Franchise-Bereichs, bei dem natürlich ein Franchise-Handbuch da ist, das sich erstellt, dass die Entwicklung ähnlich ist, wie sie schon im gesamten Konzern ist.

Und natürlich kommt das auch darauf an, weitere Bereich dazu zu nehmen, beispielsweise die Bereiche, bei denen die Preise der Objekte weiter nach unten gehen und eine breitere Anzahl von Kunden in diese Objekte investieren wollen. Beispielsweise ist die Medizintechnik früher immer sofort in die einige Hunderttausend gesprungen, mittlerweile gibt es viele Geräte und Einrichtungsgegenstände, die deutlich darunter liegen und demzufolge für uns natürlich auch sehr interessant sind.

Die IT bei Grenke

[00:34:04] Tilman Versch: Das Stichwort Daten ist ja in gewisser Weise auch mit der IT-Infrastruktur verknüpft. Von einem meiner Mitglieder habe ich erfahren, der bei der Post arbeitet, da gibt es in jedem Land eigentlich ein unterschiedliches IT-System und die haben in gewisser Weise einen “Flickenteppich”. Wie sieht es bei der Grenke AG aus mit dem IT-System?

[00:34:22] Wolfgang Grenke: Das ist genau das, was ich angesprochen habe. Wir arbeiten alle mit einem System.

[00:34:26] Tilman Versch: Und das ist dann zentral von Karlsruhe sozusagen mitentwickelt oder von Baden-Baden?

[00:34:32] Wolfgang Grenke: Baden-Baden, Karlsruhe, ja. Die IT-Tochter sitzt in Karlsruhe.

Das Finden guter Mitarbeiter

[00:34:38] Tilman Versch: Ein Aspekt bei dem Thema Wachstum ist auch das Finden von guten Mitarbeitern. Wie haben Sie das auch geschafft, Sie haben ja sicherlich viele hundert, tausend Bewerbungsgespräche geführt. Auf was achten Sie da und wie haben Sie es dann geschafft, auch immer gute Leute zu finden?

[00:34:54] Wolfgang Grenke: Also ich spiegle die Frage dann immer einmal zurück und frage: “Wie sind Sie denn auf uns aufmerksam geworden?” Es gibt ja einen Grund, warum sich jemand bei uns bewirbt. Wenn das eine 08/15-Bewerbung ist, kommt dann meistens keine Antwort, und wenn sich jemand schon etwas länger damit beschäftigt hat oder uns schon ein bisschen kennt und eigentlich weiß, für welche Firma er sich bewirbt, dann ist das natürlich eine andere Situation. Insgesamt muss man sagen, ich meine, mittlerweile sind wir fast 2000 Mitarbeiter mit den Franchisern zusammen genommen, und da kenne ich natürlich nicht mehr alle.

Aber es gab natürlich auch einmal hin und wieder Situationen, das ist natürlich jetzt schon sehr lange her, bei denen man mit einem Mitarbeiter nicht zufrieden war und auch alle Versuche, eine bessere Situation zu erreichen, nicht funktioniert haben, und dann habe ich eigentlich immer gesagt zum Mitarbeiter: “Suchen Sie sich in Ruhe etwas anderes, ich glaube, das wird mit uns nichts, aber ich möchte Sie jetzt nicht einfach entlassen, aber suchen Sie sich etwas anderes.” Und das hat fast immer so gewirkt, ich kenne eigentlich nur eine Ausnahme, dass der Mitarbeiter sich tatsächlich etwas gesucht hat, denn wer möchte schon in einem Unternehmen arbeiten, wo er sich eigentlich nicht wirklich zukunftsgerecht aufgestellt sieht.

Deswegen glaube ich, dass so eine gewisse Offenheit auch bei diesen Fragen oft sehr hilfreich ist. Natürlich gibt es auch ab und zu mal die Situation, dass ein Mitarbeiter gehen will, unter Umständen jetzt, weil wir viel größer sind, weil ein Vorgesetzter da ist, der einfach ihn in seiner Entwicklung etwas blockiert, an dem er sozusagen “nicht vorbeikommt”, den er auch nicht ersetzen kann einfach und er eben woanders seine Chancen sieht. Aber gerade auch mit unserem Franchise-System gibt es auch eine ganze Reihe von Mitarbeitern, die ihren Weg dann auf diesem Weg gegangen sind.

[00:36:51] Tilman Versch: Was macht dieses Franchise-System attraktiv für Mitarbeiter?

[00:37:01] Wolfgang Grenke: Ja gut, wir haben natürlich eine Bezahlung des Kaufpreises für das Unternehmen, dass der Franchiser aufbaut, die einen relativ hohen Wert ausmacht. Man kann es vielleicht auch so sagen: Der Mitarbeiter wird in der Regel kaum einen 8-Stunden-Tag realisieren, sondern von sich aus eben das abarbeiten, was er als Chance sieht, wie halt viele kleine oder mittlere Unternehmen das heute ohnehin tun, und damit natürlich auch einen Erfolg generiert, mit ganz wenigen Ausnahmen waren die Franchiser alle erfolgreich, sind alle durchaus dann sehr ordentlich, wenn man alles zusammenrechnet, die Bezüge, die sie natürlich trotzdem noch haben zum Leben, auch während der Zeit, in der sie Franchiser sind, und das, was also danach als Kaufpreis ist, das kann schon eine Menge ausmachen.

Und von daher ist das attraktiv, vor allem aber auch die Entscheidungsmöglichkeit, die Selbstständigkeit, obwohl es in eine bestimmte Form eingebunden ist. Also es gibt bei unseren Franchisern, die dann von unserem Unternehmen bei uns erworben wird, ein Drittel etwa realisiert irgendetwas, was sie schon immer mal realisieren wollten, vielleicht eine Reise um die Welt oder was auch immer, was dahintersteckt. Und ein Drittel kommt zu uns ins Management, das ist auch sehr günstig, weil wir dann Unternehmer im Management haben, und das weitere Drittel will ein weiteres Franchise in einem anderen Land machen. Also insofern ist das eine sehr schöne Entwicklung, die auch entsprechend dynamisch verläuft.

Wie findet man neue Märkte?

[00:38:40] Tilman Versch: Das klingt sehr spannend. Wenn man so von Ihrer Warte aus guckt, wie werten Sie dann die Expansionsziele aus? Also haben Sie da eine Matrix, bei der Sie sagen, ich mache hier eine Top-Down-Analyse für das Land und sage, “Jetzt gehe ich nach Australien”? Oder ergibt sich das durch vielleicht auch eine Möglichkeit, einen Zukauf zu machen, was Sie eher weniger machen?

[00:39:03] Wolfgang Grenke: Ja, also es ist eigentlich relativ einfach. Wir haben bestimmte Voraussetzungen in einem Land, also das Erste, was wir machen, ist eine sogenannte Capability-Studie, also wir prüfen nach, ob also die rechtlichen Gegebenheiten überhaupt da sind, das Geschäft zu machen. Ich habe vorhin ja schon gesagt, in einigen Ländern braucht man dafür eine Banklizenz, zumindest eine eingeschränkte Banklizenz, und dann das Zweite, was natürlich für uns fast noch wichtiger ist, was wir auch vorher analysiert haben, ist: Gibt es denn in dem Land hinreichend KMUs, also Unternehmen, die unserer Zielgruppe auch entsprechen? Wir können also relativ wenig anfangen mit Unternehmen, die eben schon im Vorhinein relativ groß mit einem entsprechenden Verwaltungsaufwand – das ist nicht unsere Welt.

Wir wollen ganz gezielt die kleinen, mittleren Unternehmen mit unseren Leistungen fördern. Und was natürlich unabdingbar ist, ist eine hinreichende Rechtssicherheit in einem Land, deswegen sind wir bei manchen Ländern natürlich auch etwas kritischer, und zwar nicht wegen der Rechtssicherheit in dem – also einmal die Rechtssicherheit natürlich, dass die Verträge auch eingehalten werden – aber nicht wegen des Risikos des einzelnen Kunden. Sondern wenn die Rechtssicherheit insgesamt in einem Land nicht gewährleistet ist, dann ist das sozusagen für uns ein Klumpenrisiko, dann könnten ja mit einem Schlag alle Leasing-Verträge, die dort abgeschlossen werden, rechtlich angreifbar sein.

Das wäre natürlich etwas, was unser Geschäftsmodell stark tangieren würde, was wir natürlich nicht eingehen wollen. Deswegen sind wir bei einigen Ländern dann zurückhaltend, noch zurückhaltend. Wie es sich jetzt in der Zukunft weiterentwickelt, muss man beobachten, aber wir sind im Moment nicht in Russland, wir sind im Moment nicht China.

[00:40:53] Tilman Versch: Für das Unternehmen ist ja dieses Franchise-Modell auch eine Absicherung, dass das Risiko bei so einer Expansion relativ gering bleibt. Wenn man sozusagen sich so eine Expansion anguckt, wie ist da der Zeithorizont, zu dem man sagt: “Wir probieren es hier weiter”, oder: “Wir stoppen mal”, oder bis wann denkt man denn, dass so eine Expansion gut verlaufen sollte?

[00:41:20] Wolfgang Grenke: Ja, deswegen ist die Option nach vier, fünf und sechs Jahren gesetzt. Da müssen wir uns entscheiden so herum oder so herum, und da können wir auch relativ gut abschätzen, ob dieser Schritt in dieses Land dann erfolgreich war oder nicht.

Die US Expansion

[00:41:37] Tilman Versch: Jetzt habe ich hier eine Frage vom Chat, sorry, dass das ein bisschen dauerte, bis ich sie stellen konnte, aber ich glaube, sie passt jetzt hier an der Stelle ganz gut rein. Sie ist von Florian König und es geht um den ersten Markteintritt: Wie unterscheidet sich der Markt vom gewohnten Umfeld? Wo sehen Sie Chancen und Risiken?

[00:41:53] Wolfgang Grenke: Also wenn wir in ein neues Land gehen?

[00:41:57] Tilman Versch: In die USA.

[00:41:58] Wolfgang Grenke: Ach, in die USA. Ja, also das erste Problem, was wir natürlich in den USA haben, das ist sozusagen das Heimatland des Leasing, und da weiß man natürlich nicht ganz genau: Wie sieht denn eigentlich die Situation da ganz konkret aus? Wir sind auch deswegen einen kleinen Umweg gegangen, wir haben erst in Kanada, in Toronto einen Franchiser gehabt, wir haben den noch, da sind wir gerade dabei fünf Jahre, um den vielleicht zu erwerben, das müssen wir noch sehen, aber wir haben eins gesehen: Natürlich ist der Wettbewerb – und doch sind alle amerikanischen Leasing-Gesellschaften auch vertreten, das ist ja nahe genug an den Vereinigten Staaten dran – und deswegen ist es in den USA mehr also eine Frage der Marktsituation, das wäre es übrigens in Südkorea auch, wo sehr viel aktiv geleast wird, da muss man sich erst einmal den Markt ganz genau angucken, bevor man dann also in diesen Markt eintritt. Wie gesagt, in Toronto hat das funktioniert, und jetzt hat unser Franchiser hat auch jetzt Verträge in den Vereinigten Staaten abgeschlossen, wir sind dort in Arizona, und jetzt schauen wir einmal, wie das weitergeht. Also jedenfalls ist der Markt natürlich sehr interessant, aber natürlich auch wettbewerbsintensiver, muss man dann immer berücksichtigen.

[00:43:28] Tilman Versch: Wo sehen Sie da Chancen und Risiken im US-Markt?

[00:43:31] Wolfgang Grenke: Ja die Chancen sind natürlich, es ist ein riesiger Markt, es ist auch nicht ungewöhnlich zu leasen, also Sie brauchen keine Hindernisse überwinden, keine Barrieren im Kopf sozusagen, und die Risiken sind natürlich auf der einen Seite Wettbewerb, aber auch eine gewisse Einstellung, die natürlich in Amerika auch stärker vorhanden ist. Da wird auch viel gelobt, dass man auch scheitern darf, für das Leasing-Geschäft ist das Scheitern unserer Kunden allerdings nicht ganz so spaßig, das kostet Geld, und deswegen muss man da natürlich ganz genau hingucken, ob denn die Bedingungen für die Voraussetzungen der Zahlungsfähigkeit auch hinreichend sind. Aber da sind wir eigentlich zuversichtlich, dass wir das können, wir werden trotzdem vorsichtig in den Markt hinein gehen.

Amazon und andere Konkurrenten

[00:44:26] Tilman Versch: Ich drücke die Daumen dafür. Mit Blick auf die USA gibt es auch eine zweite Frage, die man da anschließen kann. Es gibt ja die großen US-Tech-Konzerne, unter anderem Amazon. Die Frage kommt von Bahram und geht in die Richtung, wie Sie Ihre Wettbewerbsvorteile behalten in Zeiten, wo Amazon und Co. Mittelmänner ausschließen, sehr viel über ihre Geschäftskunden wissen und Finanzdienstleistungen offerieren.

[00:44:51] Wolfgang Grenke: Naja, man kann natürlich auch dazusagen, wir konnten die Banken in Europa während der ganzen Zeit von der Gründung bei uns bis zum Ende auch immer. Die hatten die Bilanzen ihrer Kunden, die hatten alle die Bedingungen. Es gibt eine ganz einfache andere Sichtweise, also wenn ich ohnehin schon von einem Unternehmen oder einer Bank eine gewisse Abhängigkeit habe, dann möchte ich die nicht unbedingt noch vergrößern. Deswegen sind wir eigentlich relativ gelassen auch mit sehr starken Unternehmen, wenn die in den Markt eintreten wollen, dann müssten die im Grunde genommen noch mehr den Kunden an die Hand nehmen, und da scheuen sich doch manche Kunden durchaus.

Optionen durch das Geschäft mit der Bank

[00:45:40] Tilman Versch: Wir hatten das Thema, das Stichwort Banken hatten Sie gerade genannt, und Sie hatten ja auch schon angedeutet, dass mit dem Bankengeschäft neue Optionen entstanden sind. Unternehmertum, da geht es ja auch darum, etwas zu bauen, was vielleicht in der Form noch nicht da ist und den Kunden mehr Mehrwerte bietet. Was hat es denn ermöglicht, dieses Bankengeschäft zu haben und darauf Produkt zu bauen, und wie wachsen die aktuell und was sind da die Chancen in diesem Bereich?

[00:46:06] Wolfgang Grenke: Also das sind ja mehrere Punkte, also einmal hat die Bank mittlerweile in Norwegen, in Italien, in Portugal Filialen, weil dort die Zulassungsbedingungen entsprechend sind, wie ich schon vorhin gesagt habe, auf der anderen Seite bieten wir mit der Bank auch Finanzierungen an. Wir führen beispielsweise für die Bundesrepublik Deutschland das Mikrokreditprogramm der Bundesrepublik Deutschland durch, weil wir eben entsprechend technisch orientiert sind, also auch wieder in dem Fall eine große Anzahl von Verträgen mit relativ kleinem Volumen, wo selbst also die örtlichen Sparkassen mit ihren Kosten eben nicht hinkommen.

Und wir versuchen, das eben auch auf elektronischem Weg so einfach wie möglich zu machen und trotzdem auch sicher zu machen. Wir haben jetzt gerade in den letzten Wochen und Monaten im Zuge der Corona-Krise auch gesehen, dass sich das Geschäft bei der Bank entsprechend belebt hat. Man kann das vielleicht so sagen, wenn Sie eine Bilanz von einer Bank sich anschauen, haben Sie also sogenannte Aktivgeschäfte und Passivgeschäfte. Aktivgeschäfte sind die Ausleihungen, die Sie machen und Darlehen, die Sie gewähren und ähnliche Dinge mehr, es gibt natürlich auf der Aktiv-Seite stehen, auf der Passiv-Seite das Geld auch einmal hereinnehmen, beispielsweise Festgelder oder entsprechende Refinanzierungsmittel.

Und oft wurde uns im Laufe der letzten Jahrzehnte jetzt ja schon gesagt: “Naja, die Banken sind natürlich da viel günstiger, weil die ja ihr Geld billiger bekommen.” Ja, das war lange Zeit auch so, ist vielleicht heute nicht mehr ganz so bei uns, aber es war lange Zeit so, aber man muss eben in so einem Fall auch die Verwaltungskosten dazunehmen, die z. B. mit einem entsprechenden Passivgeschäft verbunden sind. Und wenn Sie bei WeltSparen zum Beispiel auch mal in die Internetseite reingehen, dann sehen Sie, dass die Grenke Bank da attraktive Konditionen anbieten kann, aber aufgrund ihres hohen Automatisierungsgrades trotzdem für uns, für die Grenke Gruppe, günstiger ist, als wenn wir eine Finanzierung hätten in der Zusammenarbeit mit einer traditionellen Bank.

Forschung & Entwicklung

[00:48:25] Tilman Versch: Der hohe Automatisierungsgrad und auch die digitale Schnelligkeit sind ja einfach vielleicht auch ein Kern Ihres Unternehmens, das heißt, du hast auch viel an F&E zu investieren, wenn ich das so logisch schließe. Wie viel investieren Sie da rein in diesen Bereich?

[00:48:41] Wolfgang Grenke: Das ist deswegen so schwer zu sagen, weil vieles davon sofort am Aufwand sind, Personalaufwand zum Beispiel. Die eigenen Personalaufwendungen können wir so nicht aktivieren, aktivieren wir natürlich auch nicht, und deswegen ist das sehr schwer abzugrenzen, nichtsdestotrotz haben wir in unseren Bilanzen ja ausgewiesen, welche unsere Projektkosten sind, und die sind fast immer sowohl für die Verwaltung als auch für den Absatz Projekte, mit denen wir die Lösung der Probleme vorantreiben wollen. Da muss man sich die Zahlen etwas in den Bilanzen, in den veröffentlichten Bilanzen mal anschauen.

Der Aufsichtsratswechsel von Wolfgang Grenke

[00:49:28] Tilman Versch: 2018 war ja eine gewisse Zäsur für Sie, da haben Sie einen Rollenwechsel im Unternehmen vorgenommen, sind vom Vorstand in den Aufsichtsrat. Was hat sich denn da für Sie verändert und wie gehen Sie vielleicht auch mit der neu gewonnenen Zeit etwas um?

[00:49:47] Wolfgang Grenke: Ja, also es hat sich schon in den Jahren davor, weil es schon länger geplant war, angedeutet und ich hatte schon vorher einiges meiner Zeit für andere Dinge aufgewandt und das hat sich natürlich jetzt verstärkt. Ich habe mich sehr früh engagiert in der Industrie- und Handelskammer, bin jetzt schon relativ lange Präsident der Industrie- und Handelskammer in Karlsruhe und auch schon des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags.

Dazu noch im Vorstand des DIHK und Vizepräsident bei (unv.), das ist der Bereich, den ich mit Begeisterung eigentlich mache, denn auch da geht es eigentlich darum, die KMUs zu unterstützen, der Vorstand erledigt das sozusagen auf der Business-Seite und ich schaue, was wir also im politischen oder politiknahen Bereich an Unterstützung bringen können, machen können, durchführen können. Das ist eigentlich etwas, was einem dann auch Spaß macht, wenn man aus dem aktiven Geschäft etwas draußen ist.

Beim Aufsichtsrat ist es natürlich so, dass ich versuche, all mein Wissen, und das ist ja manchmal auch etwas, was man nicht so irgendwo niederschreiben kann oder einfach übergeben kann, sondern wo man sagt: “Haben wir da schon einmal eine ähnliche Situation gehabt und wie war es denn damals?” Dass ich das Wissen in dieser Form natürlich weitergebe, ohne – die Situationen und die Rahmenbedingungen ändern sich ja – ohne dass es dann unbedingt genau so gelöst werden müsste, wie es früher gelöst wurde. Aber es erweitert einfach eben den Horizont, wenn man etwas mehr aus der Geschichte weiß als vielleicht ein anderer.

[00:51:31] Tilman Versch: Was sind da so aktuell Ihre Herzensangelegenheiten und Themen, für die Sie brennen in diesen neuen Aufgaben, neben der Förderung der KMUs oder das kann auch gerne die Antwort darauf sein.

[00:51:42] Wolfgang Grenke: Ja, also natürlich verfolge ich, weil ich bis ’95 ja unsere IT-Programme selbst geschrieben, natürlich verfolge ich die Entwicklung bei unserem Haus im IT-Bereich besonders, also welche Auswirkungen das hat, welche Produkte, welche Verbesserungen im Verwaltungsablauf, das schaue ich mir natürlich sehr gerne an, und auch die Entwicklung der Franchise-Gesellschaften in neue Länder hinein, das sind also Themen, da kann ich auch etwas einbringen, da schätzen auch die Franchiser ab und zu einmal, dass sie mit dem Gründer direkt sprechen können, auch wenn ich nicht für das Tagesgeschäft denen vielleicht nicht mehr so viel sagen kann.

Die Grenke AG und COVID-19

[00:52:22] Tilman Versch: Wir haben hier auch dank unserer Fondsmanager, die zuhören, auch eine Frage zum Tagesgeschäft. Wir hatten im Vorgespräch gesagt, dass Sie vielleicht sich da eher ein bisschen raushalten, weil Sie ja auch eine andere Rolle haben, was ich persönlich auch ganz gut finde. Aber ich stelle sie trotzdem einmal, und Sie können dann entscheiden, ob Sie darauf antworten, sie ist von Michael (Maier?): Wie wird die Entwicklung der Leasing-Ausfallquote in den nächsten Quartalen erwartet? Covid-19, weiter leicht ansteigend oder keine gravierende Änderung, da es ja überall dicke Hilfspakete, Liquiditätsspritzen gibt.

[00:52:51] Wolfgang Grenke: Ja, das wäre schön, wenn man es genau wüsste. Ich kann es nur versuchen, einzuschätzen: Also das hängt zum Beispiel sehr stark davon ab, ob es noch einmal eine Welle mit dem Virus gibt und vielleicht noch einmal eine relativ harte Reaktion darauf, das, glaube ich, weiß im Moment niemand ganz genau, nämlich die Frage, ob die Maßnahmen, von denen wir mittlerweile ja wissen, dass man damit etwas erreichen kann, nämlich Distanz halten und Mundschutz und vernünftiges Verhalten, dass die ausreichend beachtet werden. Das weiß man einfach nicht und deswegen kann ich das so natürlich nicht sagen. Eine andere Frage ist, wie sich das Zahlungsverhalten ändern könnte.

Es gibt ja durchaus Branchen, die viel schwerer betroffen sind als andere, natürlich alles, was mit Reisen zu tun hat, alles, was mit großen Veranstaltungen zu tun hat, mit engem Kontakt der Menschen miteinander zu tun hat, alles das ist natürlich problematisch, auf der anderen Seite gibt es dafür entsprechende Hilfsprogramme der Regierungen und der EU. Es wird spannend sein zu sehen, wie groß die Auswirkungen sind. Jetzt ist es ja so, wir sind natürlich unseren Kunden entgegengekommen und haben dort, wo es notwendig war, entsprechende Stundungen vereinbart, sodass also die Kunden überleben können, wir haben sie ja vorher auch ausgesucht, und wir mussten natürlich auch immer in der Vergangenheit Kunden ablehnen, weil wir schon entsprechend schlechte Bonität hatten.

Dass es denen jetzt besonders schlecht geht, ist ganz klar, aber wie gesagt, wir haben ja unsere Kunden schon aussuchen können und deswegen gehen wir schon davon aus, dass wir natürlich auch von den Ausfällen betroffen sind. Sie haben vorhin Rob Vinall angesprochen, der hat das mal, glaube ich, neulich so formuliert: Bevor Grenke in Konkurs geht aufgrund von hohen Ausfällen, dann sind wahrscheinlich vorher schon sämtliche Banken in Konkurs gegangen, einfach weil wir vom Deckungsbeitrag ein relativ großes Polster haben, das wir ja auch zu Expansion auch einsetzen.

Eine Expansion wird es ja im Moment nicht geben, die Rückgänge sind natürlich da, denn bei so einem Fall, wenn die Menschen nicht mehr auf die Straßen können, denkt doch keiner an das Investieren, jedenfalls nicht im großen Stil. Da geht natürlich die (unv.) zurück, wobei wir jetzt – wir konnten das ja melden jetzt am Anfang des Monats – wir jetzt doch recht glücklich sind, dass im Juni wieder eine deutliche Tendenz nach oben da war. Wir werden das Vorjahresergebnis sicher in diesem Monat, im Juli noch nicht erreichen, vielleicht auch nicht im August, mal sehen, wie dann der Herbst wird. Die Tendenz ist positiv, aber das ist, glaube ich, in der gesamten Wirtschaft im Moment so. Vielleicht merken Sie es auch ganz einfach so, wenn Sie einmal auf die Straßen gehen und vergleichen, wie viele LKWs gefahren sind vor zwei Monaten, wie viele jetzt wieder fahren, dann merken Sie schon, dass eine gewisse Belebung schon da ist, auch wenn es natürlich dem einen oder anderen, auch Großunternehmen, nicht besonders gut geht.

Die Niedrigzinsen und die Grenke AG

[00:56:20] Tilman Versch: Es gibt noch eine weitere Frage, die, glaube ich, an der Stelle ganz gut passt, weil sie auch so ein bisschen auf die langfristigen Grundlinien miteinspielt. Es geht um das niedrige Zinsumfeld, und die Frage ist, ob das niedrige Zinsumfeld das Neugeschäft hemmt, weil die Unternehmer, KMUs ihre eigene Liquidität nutzen, statt auf Leasing zurückzugreifen. Vielleicht erweitere ich die Frage noch, was das niedrige Zinsumfeld auch für die eigene Bank heißt.

[00:56:51] Wolfgang Grenke: Ja, also das niedrige Zinsumfeld ist ja schon seit einigen Jahren davor schon da, und wir haben ja trotzdem sehr deutliche Wachstumsraten gehabt. Ich glaube, es gibt noch einen Grund, den man dazunehmen muss, nämlich: Womit rechnen die Menschen in der Zukunft? Und 2008, 2009 war ja so, dass manche Hausbank einfach nicht helfen konnte aus eigenen Gründen, aus eigenen regulatorischen Gründen. Und natürlich ist es dann auch jetzt in der Corona-Krise nicht so, dass jede Bank, selbst bei hundertprozentiger Absicherung, also Kredite durch den Bund, durch die KB zum Beispiel, dass es diese Kredite gewährt einfach deswegen, weil natürlich auch mit einer hundertprozentigen Absicherung, wenn ein Unternehmen in Konkurs geht, auch immer noch sehr viel Arbeit damit verbunden ist und man hat keinen Gewinn dabei.

Also es ist nicht ganz so linear, wie man es sich im ersten Moment vorstellt. Und in dieser Phase schätzen natürlich Unternehmen auch, wenn sie sich nicht von Einzelnen abhängig machen müssen, und das haben wir als Argument eigentlich nach den Jahren 2008, 2009 sehr häufig gehört, dass man gesagt hat: “Naja, einen bestimmten Prozentsatz unserer Investition wollen wir dann auf (unv.), für die Bank, für die Hausbank bleibt da immer noch genug übrig, aber wir machen es nicht vom gleichen Maß abhängig, als wenn wir alles dann über eine Adresse abwickeln würden.” Also gewisse Unabhängigkeit kommt da sicher ins Spiel, insgesamt kann ich aber sagen: Leasing ist nicht nur Kreditersatz.

Ein Beispiel, was ja auch gerade in diesen Zeiten, in den viel über Nachhaltigkeit gesprochen wird, von großer Bedeutung ist: Wir haben über die ganzen Jahre, jetzt schon fast dreißig Jahre, die Verwertung der verbrauchten Güter in die Hände genommen, weil wir sagen, der gute Kunde braucht relativ schnell eigentlich wieder Geräte, die dem Stand der neuesten Technik entsprechen, und gleichzeitig gibt es genug Absatzmöglichkeiten für gebrauchte Geräte. Also diese Zweitverwertung, dieses Zweit-Marketing, das betreiben wir sehr, ich denke, sehr professionell und sorgen im Übrigen auch dafür, dass die Geräte, die ja oft also durchaus auch umweltschädliche Inhalte haben, nicht einfach auf den Müll geworfen werden, sondern einer sinnvollen Verwertung zugeführt werden, und wenn wir das selbst verwerten, natürlich nach den entsprechenden Standards umweltfreundlich verwertet werden, also entsorgt werden.

Das sind also alles Punkte, die dafürsprechen, man kann auch sagen, eigentlich ist es ein bisschen ähnlich wie bei dem KFZ-Leasing, die Hersteller sind ja sehr erfolgreich mit dem KFZ-Leasing im Business-Bereich gewesen, sind sie sicher immer noch, einfach deswegen, weil sie den ganzen Zyklus immer wieder mitfinanzieren und man sich da eigentlich keine Gedanken darüber machen muss. Die Unterschiede zu den herkömmlichen Zinsen bei Banken sind dann, wenn Sie alle Faktoren, also auch Kosten, die eigenen Kosten, aber auch die Verwaltungskosten der Banken [anschauen], denke ich, relativ bescheiden.

Zukäufe

[01:00:14] Tilman Versch: Im Aufsichtsrat sind Sie auch ein bisschen für die strategischen, die größeren Linien zuständig. Deshalb geht die Frage auch so in Richtung Zukäufe, was da für Sie interessant sein könnte, um vielleicht auch das Unternehmen noch einmal weiterzuentwickeln.

[01:00:32] Wolfgang Grenke: Also wir haben ganz wenige Zukäufe vorgenommen, einmal eine medizintechnische Leasing-Gesellschaft, da kannten wir die beteiligten Personen schon über viele Jahre, wir haben uns auch etwas vonseiten der Bank engagiert bei der Firma Cash Payment Solutions, besser bekannt unter Barzahlen.de, dem Produkt, mit dem man bei DM-Märkten, bei Rewe-Märkten und noch irgendwo, Geld einzahlen und auch abheben kann, und zwar einfach deswegen, weil die Bank für ihr normales Geschäft gerne auch die Kosten von Geldautomaten, die nicht gering sind, durch eine intelligentere Lösung ersetzt wissen will.

Natürlich wissen wir auch, dass also auf lange Sicht sicher andere Zahlungsmethoden sich stärker durchsetzen werden, gerade jetzt in der Corona-Phase ist ja klar, dass so viele Kartenzahlungen sehr wichtig sind. Nichtsdestotrotz, die Menschen wollen, benötigen immer noch Bargeld und deswegen ist es bei jeder Bank notwendig, dass entsprechende Möglichkeiten da sind. Also es gibt dann solche Themen, die man zusätzlich vielleicht einmal macht, im einen oder anderen Fall, aber im Wesentlichen wollen wir das eigentlich so vorantreiben, dass wir eben gerade diesen z. B. Flickenteppich in der IT vermeiden, dass wir eben nicht andere Gesellschaften erwerben, denn die haben ja in der Regel ein anderes System als wir.

Neue Geschäftsfelder

[01:02:04] Tilman Versch: Spannend. Es gab noch eine Frage aus dem Chat und ich würde sozusagen den last Call auch machen für die Leute, die noch Fragen haben, die jetzt noch zu stellen. Die Frage ist von Bahram und er fragte: “Welche neuen Geschäftsfelder sind für Grenke absehbar bzw. schon da, aber noch auf kleinerer Basis?”

[01:02:24] Wolfgang Grenke: Also wir haben neben dem Leasing-Geschäft das Factoring Vectoring-Geschäft, das natürlich auch interessant ist, wir haben im Kreditgeschäft die Finanzierung auch von Start-ups, Mikroprogramme habe ich schon angesprochen, da kann man sich ja auf längere Sicht, weil die Bank im Moment eigentlich operativ, also abgesehen von den Filialen in Italien, Portugal und Norwegen, die ja für die rechtliche Voraussetzung der Lizenz, also des Leasing-Geschäfts (unv.) bzw. Factoring Vectoring-Geschäft, aber nicht selbst mit Kredit angeboten im Markt ist. Es gibt sicher Möglichkeiten, sich auszudehnen.

Ich kenne natürlich die Kostenstruktur, die wir selbst haben, ich kenne auch aus Äußerungen, aus vielen Äußerungen, auch aus Analysen die Kostenstrukturen, die andere Banken, auch Sparkassen und Genossenschaftsbanken haben. Da spielen natürlich Aufsichtsfragen eine große Rolle bei kleinen Instituten, und ich denke, wir haben das relativ gut im Griff, sowohl von der Qualität der Aufsicht als auch von den Kosten, die damit verbunden sind, weil wir eben sehr stark entsprechend orientiert sind und so am Ende eigentlich von der Kostenstruktur günstiger sind als viele andere. Und das, glaube ich, gibt uns die Möglichkeit, in diese Länder hinein auch dann in der Zukunft zu investieren. In Deutschland gibt es sicher auch das ein oder andere, aber da bitte ich um Verständnis, dass wir das nicht sehr konkret benennen, denn den Vorsprung, den wir mit unseren Gedanken da haben, den wollen wir natürlich zugunsten unserer Aktionäre ganz gerne behalten.

[01:04:06] Tilman Versch: Vollkommen verständlich. Es ist noch eine Frage dann anschließend: Ist es auch vorstellbar, die Intelligenz über Kundenzahlungsverhalten auch als Dienstleistungen für andere Nicht-Konkurrenten anzubieten?

[01:04:21] Wolfgang Grenke: Also in einem gewissen Umfang wird das ja ohnehin gemacht, wenn wir Auskünfte von der SCHUFA, von den (unv.) einholen, ist es oft damit verbunden, dass wir auch eine bestimmte Rückmeldung geben, also bei der SCHUFA ist es ja vertraglich auch so vorgesehen. Einfach damit eben – ja, man kann das positiv und negativ sehen. Negativ heißt es natürlich, man will keine Schäden haben, weil andere schon schlechte Erfahrungen gemacht haben, positiv kann man es aber auch so herum sehen, dass manche sich nicht überschulden sollen, wenn sie schon im ersten Fall nicht zahlen konnten oder nicht pünktlich zahlen konnten. Und von daher ist das natürlich eine Notwendigkeit.

Darüber hinaus werden wir unsere Daten sicher nicht aktiv verkaufen, weil ganz abgesehen von den rechtlichen Beschränkungen, Datenschutzgrundverordnung und Ähnliches mehr, aber selbst dann sind wir sehr, sehr zurückhaltend, weil ich glaube, das würde das Vertrauensverhältnis zu unseren Kunden dann doch betreffen, und das wollen wir auf keinen Fall beschränken oder gar zerstören.

Was ist Gutes Investieren für Wolfgang Grenke?

[01:05:37] Tilman Versch: Der Rahmen, in dem wir das Gespräch führen, ist ja der Kanal Gut Investieren TV. Da ist für mich eine spannende Frage auch an Sie als jemand, der auch selbst investiert: Was ist für Sie ein gutes Investment?

[01:05:50] Wolfgang Grenke: Also wenn man das jetzt mal auf die Börse beschränkt, da habe ich eine eigene Philosophie, die auch nicht ganz allein von mir kommt, ich habe es auch schon mit ein paar professionellen Investoren besprochen, da ist ja nicht nur im Wettbewerb – also das heißt ja nicht, dass man selbst irgendeine Erkenntnis hat, sondern man steht ja sozusagen im Wettbewerb mit den anderen, man muss besser sein als die anderen, wenn man eine bessere Rendite haben will.

Und auf der anderen Seite stehen einem da also Profis gegenüber, also früher, als ich aktiv noch war, als ich auch einmal im Beirat bei der Deutschen Bank war, also beim Besten, da konnte ich öfter mal den Handelsraum der Deutschen Bank in Frankfurt mir anschauen in dieser Zeit, da hat man dann also – das wird heute sicher anders dargestellt, aber damals saßen da junge Leute oder jedenfalls keine alten, die vier Bildschirme vor sich hatten, und das waren dann so ein paar hundert, die also da an den Apparaten waren.

Deswegen rate ich also zum schnellen Handeln in Investments eigentlich ab, man spielt nämlich gegen sehr gute Leute, das hat auch etwas mit meinem Hobby zum Schachspielen zu tun, weil es dort ja auch sehr gute Spieler gibt, bei uns im Verein, zum Beispiel den jetzigen Weltmeister und den vorhergehenden Weltmeister. Und gegen die ständig spielen zu wollen, kann nicht sehr erfolgreich sein. Also insofern kann es ja sein, dass jemand einen anderen Weg gefunden hat, aber ich würde dem normalen Investor dann eigentlich davon abraten. Worauf kommt es denn an? Ich denke, es sind zwei Dinge, das eine ist: Was glaube ich, dass das Produkt, das eine Firma herstellt, anbietet, dass dieses Produkt in fünf Jahren noch seinen Markt hat und einen nennenswerten Markt hat, vielleicht einen wachsenden Markt hat? Also kann ich mir das gut vorstellen, dass es das richtige Produkt ist? Und das Zweite ist: Ist die Geschäftsführung vertrauenswürdig? Für die erste Frage, behaupte ich, reicht der gesunde Menschenverstand aus, also da haben auch die Profis keinen Vorteil.

Für den zweiten Teil braucht man natürlich Informationen und da braucht man dann vielleicht doch den einen oder anderen verlässlichen Informationsgeber. Vielleicht, wenn man viel Zeit investiert, kann man sich das auch selbst erarbeiten, aber die beiden Grundsätze habe ich bei meinen eigenen Investitionen eigentlich immer beherzigt.

[01:08:39] Tilman Versch: Sie haben ja auf jeden Fall auch sozusagen – das kurzfristige Investieren ist ja nicht das Spannende, wo Sie einen Vorteil haben, Sie haben ja auch die langfristige Perspektive dabei, nach vierzig Jahren Unternehmertum weiß man, was dann sozusagen auch angelegt sein kann in kleinen Veränderung in Unternehmen und was es dann auch noch an Werten kreieren kann. So habe ich zumindest den Eindruck, dass Sie so etwas mitgenommen haben.

[01:09:02] Wolfgang Grenke: Ja, doch, ich denke schon, dass ich da den einen oder anderen Vorteil habe.

[01:09:09] Tilman Versch: Wie ist denn – vielleicht zum Abschluss noch einmal die Zeitperspektive mit reingenommen – wie ist denn die Zeitperspektive für Ihre Investments sozusagen?

[01:09:24] Wolfgang Grenke: Also ich bin Value-Anleger, das heißt, ich möchte nach Möglichkeit auf die fünf Jahre schon gehen, wo ich also dann auch glaube, dass es dort entsprechend hält. Man hat sicher dann als (unv.) eingebaut, dass man also nicht zu sehr überrascht ist, wenn es mal nach unten geht, aber im Großen und Ganzen ist es doch wahrscheinlich so, dass – also ich habe mich neulich mit einem Bänker in der Schweiz unterhalten, er hat gesagt: “Bei jeder Krise wurde bislang an den Märkten nach spätestens sechs Jahren der alte Kurs wieder übertroffen.” Vielleicht hilft auch diese Form von Statistik, mal über den einen oder anderen Verlust hinwegzukommen. Das muss ja nicht so sein, dass man so einen Fall wie jetzt Wirecard oder ähnliche Fälle hat, das kann natürlich auch mal passieren.

Der Kurssturz im März und seine Auswirkungen auf Wolfgang Grenke

[01:10:34] Tilman Versch: Ich will noch mit einer Frage vom Chat schließen und mich auch für die guten Fragen herzlich bedanken und die Teilnahme im Chat und auch die Likes. Wenn jemand noch mag, kann er gerne auch einen dalassen. Es ist die Frage von Michael Mayer: “Wie geht es einem Unternehmer mental, wenn sich, wie im März gesehen, der Unternehmenswert in drei Wochen halbiert?

[01:10:57] Wolfgang Grenke: Da ich keine Aktien verkaufen wollte und auch nicht will, kann ich eigentlich nur sagen: Das ist die Bewertung von denen, die Aktien verkaufen wollten, und anderen, die verkauft haben, und es wäre mir natürlich lieber, wenn ich meinen Aktionären steigende Kurse oder ständig steigende Kurse zeigen könnte, aber das war halt auch schon in der Vergangenheit so, dass es mal deutlich nach unten geht, ich habe vorhin gesagt, von 19 Euro bis deutlich unter 10 Euro. Das war damals auch relativ gesehen nichts anderes, und wie gesagt, es gefällt einem natürlich nicht, aber es wäre einem lieber, wenn es in die andere Richtung ginge, nach Norden. Aber nichtsdestotrotz, auch das muss man einfach ertragen, das gehört dazu.

Verträge schließen

[01:11:45] Tilman Versch: Dann vielen herzlichen Dank für unser Interview. Wollen Sie jetzt zum Schluss noch etwas hinzufügen, was für Sie vielleicht ein Aspekt ist, der wichtig zu betonen ist, den wir noch nicht besprochen hatten?

[01:12:00] Wolfgang Grenke: Ach, ich glaube, wir haben fast alles durchgesprochen, aber ich glaube, ein Gesichtspunkt, das hatten wir gerade neulich, das hat ein Mitglied des Vorstands gesagt, das solle man machen: Ich möchte in meinem Leben nur Verträge abschließen, wo ich auch auf der anderen Seite unterschreiben kann oder würde. Also es kann nicht immer so sein, aber man sollte von vornherein solche Verträge eingehen und vielleicht sollte man dann also auch, wenn es einmal komplexere Dinge sind, die Vertragsverhandlungen nicht direkt von Anfang an von Juristen führen lassen, sondern von denen, die also unmittelbar das Ziel erreichen wollen, um dann später die Juristen dazu zu nehmen, damit man natürlich keine handwerklichen Fehler macht. Das sind so zwei Grundsätze, die wir immer versucht haben einzuhalten.

[01:12:50] Tilman Versch: Schöne Weisheiten noch zum Schluss, vielen herzlichen Dank. Bleiben Sie noch kurz einen Moment dran, ich bedanke mich bei allen Zuschauern, herzlichen Dank, dass ihr zugeschaut habt, und bis zum nächsten Livestream am Sonntag, da geht es um das Thema Wirecard, was eher ein Beispiel von schlechtes Investieren an der Stelle ist oder schlechtes Unternehmertum.

Aber es wird auch trotzdem sehr spannend, wir haben die beiden Gäste Baki Irmak und den Daniel Bauer von der SdK da, den Fondsmanager Baki Irmak und Daniel Bauer von der SdK, den Danyal Bayaz aus dem Bundestag, der von der parlamentarischen Aufklärung erzählt, und den Professor Matthias Meitner, der das Ganze aus einer wissenschaftlichen Perspektive beleuchtet. Ich hoffe, wir sehen uns am Sonntag wieder, euch einen schönen Abend noch.

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Tilman is a very enthusiastic, long-term investor. Over the last years he has taught himself important investing concepts autodidactically. He tries to combine a positive climate and environmental impact with his investments.
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